Luftbildkammern
Luftbildkammern dienen zur Herstellung von Luftbildaufnahmen, die entweder für Zwecke der Luftbildmessung oder der Luftbildinterpretation angefertigt werden. In beiden Fällen werden extrem hohe Ansprüche hinsichtlich der Abbildungseigenschaften der Optik gestellt. Während für die Luftbildmessung in erster Linie die exakte Metrik von Interesse ist, kommt bei der Luftbildinterpretation der Qualität der Detailwiedergabe, dem Auflösungsvermögen und der Schärfe große Bedeutung zu.
Luftbildkammern werden in Vermessungsflugzeuge eingebaut. Über besondere Stabilisierungsplattformen sind sie gegenüber dem Flugzeugrumpf beweglich, sodaß die Horizontierung und das Nachstellen der Abtrift möglich ist. Die Aufnahmerichtung ist möglichst senkrecht nach unten. Die Auslösung der Kamera erfolgt manuell durch den Kameraoperateur oder zunehmend automatisch, wobei der Auslöseimpuls vom Navigationssystem des Flugzeuges an die Kamera übertragen wird. Für möglichst geringe Bewegungsunschärfe in den Bildern sorgen kurze Belichtungszeiten (1/250 - 1/1000 Sekunde) und ein technisch aufwendiges System zur Kompensation der Bewegung während der Bildaufnahme (FMC = Forward Motion Compensation).
Das Bildformat ist 23 cm x 23 cm groß. Gängige Objektivbrennweiten sind 300 mm (Normalwinkel), 210 mm (Zwischenwinkel) und 150 mm (Weitwinkel). Verschiedene Filter können zur Verbesserung der Bildqualität den Objektiven vorgeschaltet werden.
Luftbilder
Original-Luftbilder sind Filme (Positiv- oder Negativ-Dias) und haben ein Format von 23 cm x 23 cm. Diese Originalbilder werden direkt zur photogrammetrischen Auswertung herangezogen. Sie werden außergewöhnlich sorgsam gehandhabt, um Staub, Verschmutzung, Kratzspuren, Knicke oder sonstige Beschädigungen zu vermeiden. Häufig werden von den Originalbildern Kontaktkopien auf Photopapier hergestellt, die als Grundlage für Vorbereitungsarbeiten zur Auswertung dienen. Auf diesen Kopien können problemlos mit Farbstiften Markierungen, Eintragungen, Skizzen, Hinweise und ähnliches aufgebracht werden.
Den wesentlichen Teil des Bildformates nimmt selbstverständlich das im Luftbild abgebildete Gelände ein. Zusätzlich sind eine Reihe von Hilfsabbildungen erkennbar. Die wichtigsten davon sind Rahmenmarken, Bildnummer, Kamera-/Objektivnummer, Kammerkonstante, Bildflugdatum, Uhr und Grobhöhenmesser. Die Rahmenmarken in den Bildecken und/oder in der Mitte der Bildseiten erlauben bei der Auswertung die Rekonstruktion des Aufnahmestrahlenbündels. Aus der Differenz der Anzeige des Grobhöhenmessers und der durchschnittlichen Höhe des abgebildeten Geländes ergibt sich die Flughöhe über Grund, aus der in Kombination mit der Kammerkonstanten näherungsweise der Bildmaßstab ermittelt werden kann.
Die Abbildung des Geländes erscheint im Luftbild gegenüber einer maßstäblichen Karte verzerrt. Maßgeblich verantwortlich dafür sind Effekte wegen Abweichungen der Aufnahmeachse von der Lotlinie während des Fluges und zentralperspektivische Versetzungen aufgrund von Höhenunterschieden im Gelände. Benachbarte Luftbilder passen daher auch nicht klaffungsfrei aneinander.
Photogrammetrischer Bildflug
Beim photogrammetrischen Bildflug wird das Interessensgebiet streifenweise systematisch mit Vermessungsflugzeugen und Luftbildkammern beflogen. In regelmäßigen Abständen werden innerhalb des Flugstreifens Senkrechtaufnahmen ausgelöst, sodaß sich aufeinanderfolgende Bilder um mindestens 60 % überlappen. Der Abstand zwischen zwei benachbarten Streifen wird so gewählt, daß auch hier eine Überlappung von mindestens 20 % zustande kommt. Diese Längs- und Querüberdeckung ist notwendig, um dafür zu sorgen, daß jeder Geländepunkt in mindestens zwei Aufnahmen abgebildet und damit die 3-dimensionale photogrammetrische Auswertung ermöglicht wird.
Vor einer tatsächlichen Befliegung werden im Rahmen einer Flug- und Projektsplanung im Hinblick auf Anwendungszweck, erforderliche Genauigkeit und Wirtschaftlichkeit die photographischen und geometrischen Charakteristika des Bildfluges festgelegt. Es sind das Filmmaterial, Interessensgebiet, Position der Aufnahmen, absolute Flughöhe, Kammerkonstante des Objektives und Längs- und Querüberdeckung. Zur Einhaltung der vorgegebenen Flugachsen, der Aufnahmepositionen und der Längs- und Querüberdeckung dienen computergestützte Flugmanagementsysteme und satellitengestützte Navigationseinrichtungen.
Photogrammetrische Auswertung
Die 2-dimensionale oder 3-dimensionale Rekonstruktion von Objekten aus photographischen Bildern wird als photogrammetrische Auswertung bezeichnet. Sie wird von Auswertern unter Ausnutzung der Fähigkeit zum stereoskopischen Sehen auf photogrammetrischen Auswertegeräten durchgeführt.
Die Ergebnisse einer photogrammetrischen Auswertung sind typischerweise digitale Daten für Geoinformationssysteme (GIS), digitale oder analoge Karten (Lage- und Höhenpläne), entzerrte photographische Bilder (Orthophotos), Einzelpunkte (z. B. Grenzpunkte) oder Digitale Geländemodelle.
Photogrammetrische Auswertegeräte
Photogrammetrische Auswertegeräte sind optische Präzisionsinstrumente, auf denen von einem Auswerter photogrammetrische Auswertungen durchgeführt werden können. Dazu werden über Linsen- und Spiegelsysteme dem linken und rechten Auge des Auswerters jeweils ein Bild zugeführt, die vom Gehirn wie beim natürlichen räumlichen Sehen zu einem Raumbild verschmolzen werden. Zusätzlich wird eine virtuelle Meßmarke eingeblendet, die gegenüber dem Raumbild bewegt werden kann. Das Raumbild wird auch als photogrammetrisches Modell bezeichnet. Die Auswertung beruht nun darauf, daß der Auswerter die Meßmarke auf ausgewählte Punkte des Modelles aufsetzt und die Positionen der Meßmarke in einem 3-dimensionale Koordinatensystem registriert werden können.
Je nach Art des Auswertegerätes unterscheidet man zwischen Analogauswertegeräten, analytischen Auswertegeräten und digitalen Auswertegeräten. In Analogauswertegeräten wird die Geometrie der Bildaufnahme vollständig optisch/mechanisch rekonstruiert. Diese Geräte sind heute nur noch sehr selten im Einsatz. In analytischen Auswertegeräten, die etwa 1980 Eingang in die photogrammetrische Auswertepraxis gefunden haben, werden zwar noch die analogen Originalbilder eingelegt und betrachtet, ansonsten sind aber die meisten mechanischen Komponenten durch elektronische Meßsysteme und Computer ersetzt worden. Seit wenigen Jahren kommen digitale Auswertesysteme dazu, bei denen der komplette Auswerteprozeß ausschließlich auf Computern durchgeführt werden. Auch die Photos werden nicht mehr in analoger Form sondern als digitale Bilder verwendet. Die digitalen Bilder entstehen durch hochauflösendes Digitalisieren (= Scannen) auf speziellen photogrammetrischen Scannern.
Genauigkeit der Luftbildphotogrammetrie
Die Genauigkeiten in der Lage und in der Höhe sind grundsätzlich getrennt zu betrachten, da sie von unterschiedlichen Parametern beeinflußt werden.
Die Lagegenauigkeit ist direkt proportional zum Bildmaßstab bzw. konstant bezogen auf das Bild. Die verwendete Objektivbrennweite spielt keine nennenswerte Rolle. Als Richtwerte können für signalisierte Punkte +/- 6 µm ( = 0,006 mm) und für natürliche Punkte +/- 15 µm im Bild angegeben werden. Der Genauigkeitsunterschied liegt zum großen Teil in der Definitionsunsicherheit und damit geringeren Identifizierbarkeit von natürlichen Punkten (z. B. Hausecken, Zaunecken, Kanaldeckeln, Feldecken, ...) gegenüber den signalisierten Punkten.
Die Höhengenauigkeit von Einzelpunkten ist in guter Näherung linear proportional zur Flughöhe über Grund ( = Aufnahmeentfernung) und kann mit +/- 0,1 Promille der Aufnahmeentfernung angegeben werden.
Beispiel:
Bildmaßstab 1:15000, Kammerkonstante = 21 cm
Flughöhe über Grund = 3150 m
Lagegenauigkeit:
6 µm im Bild entsprechen 9 cm in der Natur
15 µm im Bild entsprechen 22,5 cm in der Natur
Höhengenauigkeit:
0,1 Promille der Aufnahmeentfernung entsprechen 31,5 cm in der Natur
Digitale Geländemodelle (DGM)
Zur höhenmäßigen Beschreibung der Geländeoberfläche werden digitale Geländemodelle benutzt. Sie enthalten für meist in einem regelmäßigen Raster angeordnete Punkte die Geländehöhe. Gelegentlich ist zusätzlich noch Höheninformation über Geländekanten und Strukturlinien (z. B. Böschungen, Steilabbrüche, Grate, Bäche, ausgeprägte Rücken oder Einschnitte, ...) und ausgezeichnete Einzelpunkte (z. B. Berggipfel, Muldenpunkte, ...) integriert.
Zur Herstellung digitaler Geländemodelle kommen häufig photogrammetrische Auswertemethoden zur Anwendung. Es werden flächendeckend Einzelpunkte, Geländekanten, Strukturlinien und markante Höhenpunkte 3-dimensional erfaßt und aus diesem Datenmaterial durch geeignete Interpolationsmethoden digitale Geländemodelle in Rasterform abgeleitet. Diese Geländemodelle können schließlich zur Berechnung von Höhenlinien, Profilen, Massenermittlungen, Hangneigungsklassen, perspektivischen Ansichten und zur Berechnung von Orthophotos benutzt werden.
Geoinformationssysteme (GIS)
Geoinformationssysteme (GIS) dienen der Erfassung, Speicherung, Verwaltung, Analyse und Darstellung von orts- bzw. lagebezogenen Daten und Informationen. Aus technischer Sicht sind die wesentlichen Komponenten Computer-Hardware, Computer-Software und georelevante Daten und Informationen.
Beispiele für die Anwendung sind die Einrichtung und Fortführung der Digitalen Katastralmappe (DKM) beim Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, die Erstellung und Führung der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne bei Städten und Gemeinden und die Herstellung von Planungsgrundlagen zur Abwicklung von Straßen- und Eisenbahnbauprojekten. Geoinformationssysteme werden zunehmend aber auch im Personen- und Güterransportwesen (z.B. Katastropheneinsatzpläne, Fahrzeugleitsysteme, Tourendisposition, ...), in der Umweltüberwachung (z.B. Naturschutzgebiete, Nationalparks, Schadstoffausbreitung, Verkehrsbelastung, ...), zur Planung von Mobilfunknetzen, zur Organisation von Marketing-Aktivitäten ("Geo-Marketing") und in vielen anderen Anwendungsgebieten eingesetzt, wo die Analyse und Darstellung von raumbezogener Information notwendig und von Vorteil ist.
Luftbildinterpretation
Im Gegensatz zur Photogrammetrie, bei der die geometrische Rekonstruktion der photographierten Objekte im Vordergrund steht, wird bei der Luftbildinterpretation oder Photointerpretation eine Klassifizierung der Objekte nach verschiedenen Merkmalen durchgeführt. Durch visuelle Betrachtung werden Objekte gesucht, aufgefunden, erkannt und schließlich den Klassen zugeordnet. Luftbildinterpretation erfolgt bevorzugt in Farbinfrarot-Bildern .
Die klassische Anwendung der Luftbildinterpretation ist die Beurteilung des Vegetationszustandes (z.B. Waldschadensdokumentation, Almkartierung, Schilfkartierung, Biotopkartierung, ...).
 | Ihr Vermessungspartner in Vöcklabruck: Dipl.-Ing. Herbert Ahrer A-4840 Vöcklabruck, Feldgasse 17 Tel. +43 (0)7672 72268-0 eMail senden Website besuchen
|